Versionenvergleich LP/MC
Kung Fu - Der Tiger von Apache Creek

LP-Ausgabe (E 2105)
mit
MC-Ausgabe (4269)

LP-Laufzeit: 23'40" / 22'15"

Transkription und Versionenvergleich: ©Karsten (Juli 2004)

Die auf der MC entfernten Passagen sind im Text unterstrichen.


Seite 1:

Kung Fu Titelmelodie

Reiter nähern sich. Ein Schuss fällt.

Morris: Hey! Hey Mays. Komm' raus aus deiner Bude!
Feeling: Ein bisschen Tempo, Mays! Worauf wartest du noch? Oder willst du, dass wir dir den roten Hahn aufs Dach setzen?
Mays: Morris. Feeling. Was wollen sie von mir? (macht einen Schritt) Auf meiner Ranch haben sie nichts zu suchen!
Morris: Gewehr weg, Mays, sonst gibt es gleich 'ne Kugel.

Ein Schuss peitscht

Morris: Na wird's bald, ha.
Feeling: So ist es richtig. Und jetzt die Hände nach oben. Nur keine Dummheiten.
Morris: Und jetzt komm' her. Aber ein bisschen plötzlich.
Mays: Wollen sie mir nicht erklären, was das alles soll?
Feeling, Allerdings, Mays. Wir sollen dir einen schönen Gruss vom Tiger bestellen. Siehst du diesen Strick hier? Das ist er, der Gruss. Und er ist für dich reserviert.
Mays: Das wagen sie nicht!
Feeling: Dreh' dich um!
Mays: Ich denke nicht daran. Sie glauben doch nicht, dass sie mit Gewalttaten weiterkommen.

Handgemenge zwischen Feeling und Mays.

Feeling: Ich hab' ihn! Leg' ihm die Fesseln um die Hände! Schnell!
Morris: (lacht) Ja, ha, ha, keine Sorge. Ich bin schon dabei.
Mays: (stöhnt) Lassen sie mich los!
Morris: (lacht) Nur nicht so widerspenstig, Alter.
Jeanny: (entfernt) Lassen sie meinen Vater los! Zurück Morris. Zurück Feeling.
Mays: Nein, Jeanny. Nein. Lauf, lauf so schnell du kannst.
Morris: Nun seien sie mal hübsch vernünftig, Miss Jeanny. Es ist alles nicht so schlimm, wie sie sich das vorstellen.
Feeling: Anders kann man doch gar nicht mit dem alten Querkopf reden, Miss Jeanny.
Jeanny: Binden sie ihn los oder ich schiesse!
Feeling: Pass' auf, Bob!
Morris: Moment!

Ein Schuss peitscht.Schritte auf sandigem Boden.

Jeanny: (schreit laut auf)
Morris: Ich hab' die Wildkatze, Bob.
Feeling: Dann bring' sie raus.
Jeanny: Aah, aah. Lassen sie mich. Lassen sie mich. Ihr Schufte.
Morris (lacht)
Mays: Lasst meine Tochter in Ruhe. Lasst wenigstens sie in Ruhe!
Morris: Ach, still Alter! Wenn du klug ist, passiert ihr überhaupt nichts.
Mays: Was habt ihr vor?
Feeling: Du wirst es gleich erleben.
Jeanny: Ihr elenden Schufte!
Morris: Steh' auf, Alter!
Mays: (stöhnt)
Morris: Jaha, so ist es brav. Und jetzt, geh' zu dem Baum dort drüben!
Jeanny: Nein! Vater!
Morris: Na, Beeil' dich schon!
Jeanny: Nein! Nein!
Morris: Wir haben nicht ewig Zeit.
Jeanny: Mörder!
Feeling: Los doch, Bob. Wirf' den Strick über den Ast!
Jeanny: Bitte nicht. Tuen sie es nicht. Wir geben Mohawk alles, was er haben will. Aber lassen sie meinen Vater leben.
Morris: (lacht) Er hätte sich früher überlegen sollen, was es bedeutet, sich mit dem Boss anzulegen. Jetzt ist es zu spät!
Jeanny: Dann müssen sie auch mich töten. Oder alle Welt wird erfahren, dass sie seine Mörder sind.
Morris: Na los, Bob. Zieh' den Alten hoch!
Jeanny: Nein!
Mays: (stöhnt)
Jeanny: Nicht!
Lorrimer: (entfernt) Lon Dsi, sie wollen ihn aufhängen.
Morris: Hey? Wer ist der Junge dahinten.
Lon Dsi: Halt!
Morris: Und was will die verfluchte Gelbhaut hier?!

Schritte nähern sich.

Lorrimer: Lon Dsi?
Lon Dsi: Geben sie den alten Mann frei!
Morris: Ha.
Lon Dsi: Lassen sie den Strick los!
Morris: (lacht) Soweit kommt es noch. Verschwinde lieber, bevor ich dich über den Haufen schiesse.
Lon Dsi: Geben sie den Mann frei!
Feeling: (lacht) Auf einen mehr oder weniger kommt es nicht an.

Feeling schiesst.

Feeling: Verflucht! Er ist schnell wie eine Katze.
Morris: Verschwinde lieber, Schlitzauge, bevor wir Ernst machen.

Chinesische Musik.

Lon Dsi: Ich erinnere mich an den Meister Yu Kang im Kloster von Kiüe Li. Und an die Fragen, die ich an ihn richtete, als wir den Kampf der schwingenden Kraniche beendet hatten.

Ein Gong.

Lon Dsi: Was aber, Meister, soll ich tun, wenn das Leben anderer bedroht ist?
Yu Kang: Das Leben bedarf des Schutzes. Ist es bedroht, darfst du nicht tatenlos bleiben. Der Edle hält die Gerechtigkeit für das Wesentliche. Gemäss den Regeln des Anstandes übt er sie. Mit Bescheidenheit äussert er sie. Mit Aufrichtigkeit vollendet er sie. Das ist die Art des Edlen, nach der du immer streben sollst.
Lon Dsi: Und wenn ich töten müsste, um das Leben zu retten?
Yu Kang: So solltest du abwägen, ob es das Leben eines Edlen oder das eines Gemeinen ist.
Lon Dsi: Woran aber erkenne ich den Edlen, woran den Gemeinen?
Yu Kang: Auch diese Frage lässt sich beantworten nach der Schrift des Meisters Kung. Was den Edlen grundlegend vom Gemeinen unterscheidet, ist die Ehrfurcht, in dreifacher Hinsicht. Dreierlei gibt es, wovor der Edle Ehrfurcht empfindet. Ehrfurcht empfindet er vor den Befehlen des Himmels. Ehrfurcht hat er vor grossen Männern. Und Ehrfurcht hat er vor den Worten der Heiligen.
Lon Dsi: Und der geringere Mensch?
Yu Kang: Der geringe Mensch erkennt nicht die Befehle des Himmels und empfindet darum keine Ehrfurcht vor ihnen. Er ist unehrerbietig gegenüber grossen Männern. Und verhöhnt die Worte der Heiligen.

Chinesische Musik.

Morris: Verschwinde, Landstreicher!
Lorrimer: Er schiesst!

Ein Schuss peitscht.

Feeling: Pass' auf! Der Gelbe!
Morris: Verflucht!

Ein Handgemenge mit den typischen Kung Fu Lauten entbrennt.

Lorrimer: Oh! Du hast beide besiegt, Lon Dsi.
Mays: Teufel, wer sind sie? Ich habe noch nie einen Mann so kämpfen gesehen.
Lorrimer: Es ist Lon Dsi.
Lon Dsi: Ich bin ein friedfertiger Mann. Ich konnte nicht zusehen, wie diese Männer sie töten.
Mays: Hm, dann muss ich wohl danke sagen, wie?
Lon Dsi: Ich habe keinen Dank verdient. Ich tat nur was selbstverständlich ist und was sie auch für mich getan hätten. Es lohnt nicht, darüber zu reden.
Mays: Was ich auch für sie getan hätte? Ja, hm. Ja, sicher.
Jeanny: Kommen sie herein. Ich werde ihnen und dem Jungen etwas zu essen machen. Sie sehen aus, als wären sie lange unterwegs gewesen.
Mays: Jeanny? Der Mann will sicherlich weiter, oder...
Jeanny: Och, sei nicht so mürrisch, Pa. Ohne ihn wärst du jetzt schon tot.
Mays: Ja, ja, ich weiss. Also schön, kommen sie 'rein.
Lorrimer: Ich habe Hunger. Wir haben lange nichts mehr gegessen.

Die Vier gehen ins Haus. Musik. (komischerweise Hufgetrappel am Ende)

Lon Dsi: Die Wunde an ihrer Schulter sieht nicht gut aus, Miss Jeanny. Sie brauchen Medikamente.
Lorrimer: Kennst du keine Kräuter, die ihr helfen, Lon Dsi?
Lon Dsi: In dieser Gegend gibt es die Kräuter, die ich brauche, nicht.
Mays: Ach, Whiskey auf die Wunde. Das muss genügen.
Jeanny: Lassen sie nur, Mr. Lon Dsi. Es wird schon nicht so schlimm sein.
Lon Dsi: Die Kugel hat einen Knochen gestreift.
Ich werde für sie in die Stadt fahren und ihnen holen, was sie benötigen. Ich habe gesehen, dass ihnen auch viele andere Dinge fehlen.
Mays: Sind sie zum Spionieren hier, he?
Jeanny: Vater!
Lon Dsi: Wenn es ihnen nicht recht ist, dann...
Mays: Nicht recht. Nicht recht. Dass ich nicht lache. Ich will ihnen sagen, was ihnen passiert, wenn sie in die Stadt fahren, Mister.
Jeanny: Nicht doch, Vater!
Mays: Warum soll ich nicht die Wahrheit sagen. Sie haben diese beiden Burschen erlebt, die wir da draussen an den Baum gebunden haben. Das sind die Leute von Tiger C. Mohawk, dem Herrscher von Apache Creek.
Lorrimer: Tiger Mohawk?! Haben wir davon nicht schon gehört, Lon Dsi?
Lon Dsi: Erzählen sie mir von dem Mann!
Mays: Es gibt nichts zu erzählen. Fahren sie in die Stadt und sie werden erleben, was es bedeutet, dass Tiger Mohawk sich als Beherrscher dieser Gegend fühlt. Ich sage ihnen, diese Bestie hat der Teufel in dieses Land gespuckt.
Jeanny: Und was machen wir mit Morris und Feeling?
Mays: Wir setzen sie auf ihre Pferde und jagen sie davon.
Jeanny: Du, du willst sie ungeschoren davonkommen lassen?
Mays: Selbstverständlich!
Lon Dsi: Warum übergeben sie sie nicht dem Sheriff?
Mays: Dem Sheriff? Da sieht man, dass sie nicht aus dieser Gegend stammen, Mister. Der Sheriff steht in den Diensten des Tigers. Morris und Feeling würden behaupten, dass ich sie lynchen wollte und der Sheriff würde es glauben. So sieht es hier aus.
Lon Dsi: Die Gerechtigkeit lässt sich nicht für alle Zeiten in Fesseln legen.
Mays: Ha. Fromme Worte. He, aber sie helfen leider nicht. Na, kommen sie. Wir gehen hinaus, binden die beiden Strolche los und jagen sie nach Apache Creek zurück.

Schritte auf Holzboden. Eine Tür wird geöffnet.

Mays: (bereits draussen) Lon Dsi.

Wieder Schritte. Eine Tür öffnet und schliesst sich wieder.

Jeanny: Wie alt bist du, Lorrimer?
Lorrimer: Ich bin zwölf Jahre alt, Madam.
Jeanny: Er ist nicht dein Vater, nicht wahr?
Lorrimer: Lon Dsi?! Nein, er ist nicht mein Vater.
Jeanny: Wer ist er? Woher kommt er? Wohin will er?
Lorrimer: Er kommt aus China. Dort war er ein Mönch in einem Kloster.
Jeanny: Und was macht er hier in den Vereinigten Staaten?
Lorrimer: Ich weiss es nicht genau, Madam. Ich glaube, er sucht jemanden, der seiner Familie viel böses getan hat.

Mays: (draussen) Lasst euch nie wieder hier sehen!

Im Hintergrund verscheucht Mays zwischenzeitlich Morris und Feeling.

Jeanny: Ein seltsamer Mann. So still, so ausgeglichen. Ich habe noch niemals einen Mann wie ihn getroffen. Ich glaube, er kennt überhaupt keine Furcht.
Lorrimer: Lon Dsi fürchtet sich nicht. Vor niemandem. Bestimmt nicht. Sie hätten sehen müssen, wie er gegen die Indianer gekämpft hat.
Jeanny: Er, er hat gegen die Indianer gekämpft?
Lorrimer: Ja. Unser Treck wurde überfallen. Damals wurde ich von meinen Eltern getrennt. Die Indianer hatten mich entführt, aber Lon Dsi hat mich befreit.
Jeanny: Armer Junge. Und was machen deine Eltern?
Lorrimer: Sie sind hier irgendwo im Westen. Lon Dsi und ich suchen sie. Und wir werden sie auch finden, Madam. Bestimmt! Lon Dsi schafft alles, was er sich einmal vorgenommen hat.

Eine Tür öffnet und schliesst wieder. Schritte nähern sich.

Mays: Die verdammte Brut wird zurückkommen. Das ist sicher.
Jeanny: Ja, und dann?
Mays: Wir werden unsere Sachen packen und dieses Land verlassen.
Lorrimer: Sie wollen sich von ihrem Grund und Boden vertreiben lassen?
Mays: Ach, davon verstehst du nichts, Junge.
Lorrimer: Lon Dsi, was sagst du dazu? Würdest du weglaufen?
Lon Dsi: Ich habe nicht das Recht, mich dazu zu äussern.
Mays: Sie scheuen sich nur, mich in aller Offenheit einen Feigling zu nennen. Geben sie es ruhig zu.
Lon Dsi: Ich bin fremd in diesem Land.
Mays: Ha, vielleicht bin ich ein Feigling. Ja, ich bin sogar bestimmt ein Feigling, weil ich nicht gegen den Tiger kämpfe.
Jeanny: Vater, wir wissen doch, wie sinnlos das wäre. Mohawk hat alle getötet, die sich ihm in den Weg gestellt haben. Es ist besser, dieses Land zu verlassen, als hier zu sterben.
Lon Dsi: Wer ist Tiger Mohawk? Und warum nennt man diesen Mann Tiger?
Mays: Mohawk ist ein Verbrecher, eine reissende Bestie! Er lebt nach seinem eigenen Gesetz und das schreibt er mit dem Colt.
Jeanny: Niemand zieht schneller und niemand schiesst besser als Mohawk.
Mays: Wir brechen noch heute auf. Ich reite in die Stadt und wenn ich zurückkomme, fahren wir los.
Jeanny: Du willst in die Stadt? Vater, Vater das wäre Selbstmord.
Mays: Ich will nicht. Ich muss in die Stadt.
Jeanny: Warum?
Mays: Weil ich bei Jonathan Jenkins noch Schulden habe. Die muss ich bezahlen, bevor ich von hier verschwinde.
Jeanny: Wieviel schuldest du ihm?
Mays: Zehn Dollar.
Jeanny: Zehn Dollar? Und dafür willst du dein Leben riskieren?
Mays: Es spielt keine Rolle, ob ich ihm 10 Dollar schulde oder tausend. Ich wäre ein Dieb, wenn ich mich davon machte, ohne ihn zu bezahlen.
Lon Dsi: Wenn es ihnen recht ist, werde ich Mr. Jenkins das Geld überbringen. Lorrimer und ich wollten ohnehin in die Stadt.
Jeanny: Sie sind nicht weniger gefährdet als Pa. Sie haben Morris und Feeling daran gehindert, ihn umzubringen. Das vergessen die ihnen nie.
Lon Dsi: Die beiden Männer haben Grund, mir dankbar zu sein.
Mays: Ihnen dankbar zu sein? (lacht) Bei ihnen piepts wohl?!
Lon Dsi: Sie hätten einen Mord begangen, wenn ich nicht gekommen wäre. Jetzt ist der Mord nicht geschehen, aber Mohawk hat sein Ziel dennoch erreicht.
Mays: Wie meinen sie das?
Lon Dsi: Wollte Mohawk nicht ihr Land?
Mays: (stöhnt)
Lon Dsi: Das war der Grund dafür, dass Morris und Feeling sie hängen wollten. Da sie das Land jetzt verlassen, kann der Tiger es an sich nehmen, ohne sich eines Mordes schuldig gemacht zu haben.
Mays: Mohawk schert sich einen Teufel darum, ob seine Leute einen Mord begangen haben oder nicht. Auf einen Mord mehr oder weniger kommt es ihm nicht an.
Jeanny: Und dennoch hat Lon Dsi Recht. Er hat Morris und Feeling zwar gedemütigt, aber sie haben keinen Grund, ihm etwas zu tun.
Mays: Ja, ja, zum Teufel. Man kann es auch so sehen.
Jeanny: Gib Lon Dsi die zehn Dollar. Er wird sie für dich bezahlen.
Mays: Ich weiss nicht, ob ich ihm trauen kann. Wer ist er überhaupt? Ein Gelber! Wer kennt sich schon mit solchen Leuten aus?!
Jeanny: Er hat dir das Leben gerettet.
Mays: Ja, ja, ich weiss.
Jeanny: Es ist gemein von dir, ihn zu beleidigen. Gib ihm das Geld.
Mays: Und wenn er damit über alle Berge geht?
Jeanny: Vater!
Lorrimer: Lon Dsi würde nie stehlen! Niemals!
Mays: Es geht mir nicht um das Geld. Ich möchte nur später von niemandem als Dieb bezeichnet werden. Ich habe meine Schulden noch immer bezahlt und dabei bleibt es.
Jeanny: Bitte, Lon Dsi, nehmen sie es ihm nicht übel. Er meint es nicht so.
Lon Dsi: Ihr Vater ist ein stolzer Mann. Das spricht für ihn.
Jeanny: Gib' ihm das Geld, Vater!
Lon Dsi: Wenn sie möchten, können wir uns in der Nähe der Stadt treffen. Ich werde Mr. Jenkins das Geld geben und mir von ihm einen Beweis dafür aushändigen lassen, dass ihre Schulden beglichen sind.
Jeanny: Oh, das ist eine gute Idee. Vater, damit musst du einverstanden sein.
Mays: Na schön, meinetwegen. Reiten sie los.
Lon Dsi: Lorrimer und ich gehen. Wir haben unsere Füsse. Wozu brauchen wir ein Pferd?

Musik

Typischer Lärm in einer Westernstadt. Pianomusik. Pferdegetrappel.

Lorrimer: Lon Dsi. Lon Dsi. Da ist der Laden von Mr. Jenkins.
Lon Dsi: Ich hab' es schon gesehen, Lorrimer. Gehen wir hinein.

Einige Türglöckchen bimmeln. Schritte.

Jenkins: Hallo.
Lorrimer: Hi, Mr. Jenkins.
Jenkins: Was kann ich für sie tun, Mister?!
Lon Dsi: Ich komme von Mr. Mays. Er möchte seine Schulden begleichen, durch mich. (Papier knistert) Hier, bitte. Zehn Dollar.
Jenkins: Zehn Dollar? Warten sie, ich äh, ich muss in meinem Buch nachsehen. Aus dem Kopf weiss ich so etwas natürlich nicht. Hier, ja, hier steht, was Mr. Mays bei mir gekauft hat. Hm, zehn Dollar? Es sind zwanzig, Mister!
Lorrimer: Zwanzig Dollar? Das stimmt nicht!
Jenkins: Willst du etwa behaupten, dass ich lüge? Was fällt dir ein?!
Lon Dsi: Bitte, zeigen sie mir das Buch.
Jenkins: Sie also auch? Sie glauben, dass ich lüge? Hm, dabei scheint mir, dass ihr dem armen Mr. Mays zehn Dollar von den zwanzig gestohlen habt.
Lorrimer: (lacht) So ein Blödsinn. Da hätten wir auch gleich die zwanzig Dollar nehmen können.
Jenkins: Ich wusste es doch. Es stimmt also. Heh, lassen sie mich los, Mann. Ich rufe den Sheriff.
Lon Dsi: Sie im Buch nach, Lorrimer.

Gerumpel au einem Tisch.

Lorrimer: Es sind nur zehn Dollar! Wie Mr. Mays gesagt hat.
Jenkins: Oh, äha, tatsächlich. So...Sollte ich mich geirrt haben?
Lorrimer: Sie wollten uns reinlegen!
Lon Dsi: Geben sie mir eine Quittung.
Jenkins: Es genügt auch so. Ich weiss ja, dass alles bezahlt ist. Sehen Sie. Ich streiche alles aus, was im Buch steht.
Lon Dsi: Bitte. Ein Quittung.
Lorrimer: Hier. Hier ist ein Zettel. Schreiben sie!
Jenkins: Na schön. Wenn sie unbedingt wollen.

Ein Stift kritzelt.

Lorrimer: So!
Lon Dsi: Danke. Das genügt.
Jenkins: (brummt)

Schritte. Einige Türglöckchen bimmeln.

Lorrimer: So, das hätten wir. In dieser Stadt scheinen nur Betrüger zu leben.
Morris: (entfernt) Hey, nun sieh dir die beiden an, Bob. Erkennst du sie wieder?
Lorrimer: Das sind Morris und Feeling.
Lon Dsi: Geh' zur Seite, Lorrimer.

Hintergrundstimmen: Was ist denn das für einer?! Wo kommt der denn her?

Feeling: Der Bursche traut sich tatsächlich in die Stadt. Was hast du hier gemacht?

Einige Türglöckchen bimmeln.

Jenkins: Hey. Morris. Feeling. Sagt dem Sheriff Bescheid! Der, der Kerl da. Der wollte mir zehn Dollar stehlen!
Morris: Ach. Zehn Dollar. Wie interessant.

Hintergrundstimmen: Er soll verschwinden!

Feeling: Dafür bekommst du ersteinmal die Peitsche.

Hintergrundstimmen: Hah, das geschieht ihm recht!

Feeling schlägt mit der Peitsche.

Morris: Heh? Er wehrt sich noch nicht mal. Ich sage dir, der Kerl ist feige bis in seine verkommenen Stiefel hinein.
Feeling: Was ist mit dir, Gelber? Hast du die Sprache verloren?
Lon Dsi: Ich wollte ihnen sagen, dass der alte Mays sein Land aufgibt. Er verlässt diese Gegend.
Morris: Das hilft ihm überhaupt nichts. Wir werden ihn überall finden.
Lon Dsi: Sie haben keinen Grund mehr, ihn zu verfolgen und zu bedrohen.
Morris: Dafür haben wir umsomehr Grund, uns um dich zu kümmern.
Feeling: Richtig, Jack. Gib' ihm das Messer.
Morris: Diesesmal werden dir deine Füsse nicht helfen. Komm schon. Komm her, komm her.
Feeling: (lacht)
Lon Dsi: Ich kämpfe nicht!
Morris: Dann habe ich wenigstens nicht so viel Mühe mit dir!

Chinesische Musik.

Lon Dsi: Ich erinnere mich an die Gespräche mit dem Meister Yu Kang im Kloster von Kiüe Li. Und an die Fragen, die ich an ihn richtete.

Ein Gong.

Lon Dsi: Wie nun, Meister, wenn ich angegriffen würde?
Yu Kang: So weiche aus. Erspare deinem Gegner die Schmerzen.
Lon Dsi: Und wenn ich ihm nicht mehr ausweichen kann, Yu Kang?
Yu Kang: Dann lass' ihn die Schmerzen spüren, ohne ihn zu verletzen. Das wird seinen Mut abkühlen.
Lon Dsi: Und wie, Yu Kang, wenn auch das nicht ausreicht?
Yu Kang: Dann verletze ihn. Damit du ihn nicht töten musst.
Lon Dsi: Verzeih' mir meine Hartnäckigkeit, Meister. Was soll ich tun, wenn auch damit der Angriff noch nicht abgewehrt ist? Wenn Gefahr für mein Leben besteht? Soll ich mein Leben opfern, um seines zu schonen?
Yu Kang: Weiche aus, um nicht weh zu tun. Tue lieber weh, als zu verletzen. Verletze lieber, als zu töten. Töte nur, um nicht selbst getötet zu werden. Ruhst du in dir selbst, wird es dir gelingen, dich daran zu halten.
Lon Dsi: Verzeih' mir, Yu Kang. Mein Wissensdurst ist noch nicht gestillt. Ich habe noch eine Frage.
Yu Kang: Lass' sie hören.
Lon Dsi: Was ist der Tod?
Yu Kang: Wir wissen nicht einmal, was das Leben ist. Wie können wir etwas vom Tode wissen.

Chinesische Musik.

Morris: Was siehst du mich so an, Gelber?
Feeling: Hey, Morris. Der Tiger!

Hintergrundstimmen: Der Tiger kommt. Platz da, zur Seite.

Tiger: Wer ist dieser Mann?
Feeling: Das ist der Chinese, der sich auf der Mays Ranch in Sachen eingemischt hat, die ihn nichts angehen, Boss.
Tiger: Was wilst du hier in der Stadt, Landstreicher?!
Lon Dsi: Ich habe alles erledigt, was ich zu tun hatte. Jetzt möchte ich die Stadt verlassen.
Tiger: Du hast Streit mit meinen Männern gesucht.
Lon Dsi: Ich ziehe es vor, einem Streit aus dem Wege zu gehen.
Tiger: Morris? Er hat dich provoziert, stimmt's?
Morris: Ja, völlig richtig, Boss. Erst hat er versucht, Jenkins zehn Dollar zu stehlen. Und dann hat er mich bedroht.
Tiger: Was hast du dazu zu sagen?
Feeling: (lacht) Er hat die Sprache verloren.
Morris: (lacht) Jaha, jetzt sitzt ihm die Angst im Nacken. Na? Gib's doch zu, Chinamann. Du hast Angst. Du hast masslose Angst.
Lon Dsi: Warum sollte ich mich fürchten? Ich kenne keine Furcht.
Morris: Tiger? Er beleidigt mich schon wieder!
Tiger: Gib' ihm das Messer!

Kampfgeräusche mit den typischen Kung Fu Lauten.

Morris: (schreit auf)

Morris fällt zu Boden.

Feeling: Er hat ihn getötet! Nur mit Händen und Füssen.

Hintergrundgemurmel.

Feeling: Boss! Jack ist tot! Er hat ihn mit blossen Händen und Füssen getötet.

Hintergrundstimmen: Hab' ich genau gesehen. Unglaublich!

Sheriff: Zur Seite, Leute. Zur Seite! Was ist hier los?
Tiger: Gut, dass sie kommen, Sheriff. Dieser Chinese hier hat meinen Freund Jack Morris ermordet.
Lorrimer: Das ist nicht wahr! Ich hab' es genau gesehen. Morris wollte Lon Dsi umbringen. Lon Dsi hat sich nur gewehrt. Und Morris hat sich in sein eigenes Messer gestürzt.
Tiger: Halte den Mund, Junge!
Lorrimer: Lon Dsi hat ihn nicht getötet. Er hat es selbst getan!
Tiger: Heh, Leute. Ihr alle habt gesehen, dass dieser Chinses Jack Morris ermordet hat. Oder ist hier jemand, der etwas anderes beobachtet hat?!

Hintergrundstimmen: Ich hab's gesehen! Ich bezeuge alles!

Sheriff: Ruhe, Leute. Ruhe!

Hintergrundstimmen: Mit blossen Händen...

Sheriff: Er hat keine Waffe, Tiger.
Tiger: Keine Waffe? Jim, seine Hände und Füsse sind tödliche Waffen. Gefährlicher als Messer und Colt.
Sheriff: Aha, verstehe. Kommen sie mit, Mann. Sie sind verhaftet!
Lon Dsi: Er hat sich selbst getötet!
Sheriff: Ach.
Lon Dsi: Er hat mich angegriffen, um mich zu töten, aber das Messer hat sich gegen ihn selbst gerichtet.
Sheriff: Es wird sich zeigen, ob es Notwehr war. Das Gericht wird darüber entscheiden. Genügend Zeugen sind ja wohl vorhanden. Kommen sie mit! Wenn sie sich weigern, muss ich von der Waffe Gebrauch machen.
Lon Dsi: Ich wäre wohl nicht der Erste mit einer Kugel im Rücken in Apache Creek.
Sheriff: Ha. Auch über diese Worte wird das Gericht befinden. Na los, kommen sie!

Hintergrundstimmen: Verschwinde! Wir wollen keine fremden Landstreicher!

Musik




Seite 2:

Musik

Sheriff: So.

schliesst eine Zellentür.

Sheriff: So, das wär's. Lassen sie sich nur nicht einfallen, Dummheiten zu machen.

Schritte auf Holzboden. Ein Stuhl wird geschoben. Eine Tür öffnet.

Sheriff: Nimm Platz, Tiger. Zigarre?
Tiger: Danke.
Sheriff: Na, das ist eine dumme Sache mit dem Kerl. Es gibt zuviele Zeugen, die vermutlich gesehen haben, dass Morris der Angreifer war. Auch in Apache Creek wird es nicht leicht sein, einen Mann zu verurteilen, der sich mit blossen Händen gegen einen bewaffneten Angreifer gewehrt hat.
Tiger: Dieser Mann muss weg. Er ist gefährlich.
Sheriff: Gefährlich? (lacht) Was soll er gegen eine Kugel oder gegen einen Strick tun, den man ihm um den Hals legt.
Tiger: Er ist ein Kun-Fu-Tse-Mönch und sein Angriff richtete sich im Grunde genommen nicht gegen Morris, sondern gegen mich! Sheriff: Gegen dich? Woher willst du das wissen?
Tiger: Ich habe es aus seiner Kampfhaltung gesehen. Es war die Haltung des Tigers.
Sheriff: (brummt) Jetzt versteh' ich überhaupt nichts mehr.
Tiger: Ich war einige Jahre in China. Dort habe ich diese Art zu töten gelernt.
Sheriff: Was, du warst in China?
Tiger: Allerdings!
Sheriff: Och!
Tiger: Und dort habe ich meinen Namen Tiger bekommen, da die Tigerhaltung meine bevorzugte Angriffsart war.
Sheriff: Aha.
Tiger: Die, äh, vorgestreckte rechte Hand formt eine Tigerkralle. Die linke Hand liegt locker an der linken Schulter. Bereit, blitzschnell zuzustossen.
Sheriff: Ts, dasisja. Also, allmählich geht mir ein Licht auf. Du fürchtest diesen Mann.
Tioger: Unsinn! Ich bin ihm in der Kung-Fu-Tse-Technik klar überlegen. Ich könnte ihn ohne weiteres mit meinen blossen Händen vernichten.
Sheriff: Warum tust du es nicht?
Tiger: (lacht) Weil dann sofort überall bekannt werden würde, dass ich diese Kampfart auch beherrsche. Das aber soll mein Geheimnis bleiben.
Sheriff: (brummt nachdenklich)
Tiger: Ich hab' schon manchen Gegner damit überrumpelt und so soll's auch bleiben.
Sheriff: Hm ja, dann müssen wir uns etwas einfallen lassen.
Tiger: Hm, das Beste wäre, ein Gericht würde ihn zum Tode verurteilen.
Sheriff: (raunt) ja, ja, ja.
Tiger: Vorher aber müssen wir noch etwas regeln.
Sheriff: Und was?
Tiger: Dieser Chinese war bei dem alten Mays.
Sheriff: (zustimmend) Aha.
Tiger: Wie ich inzwischen erfahren habe, hat er die Schulden Mays' bei Jenkins bezahlt.
Sheriff: Ach.
Tiger: Na, das kann dich nur eins bedeuten. Mays verlässt diese schöne Gegend.
Sheriff: Ausgezeichnet! Dann kannst du sein Land kassieren, und das wäre nicht mal gegen das Gesetz!
Tiger: (lacht) Bei mir geht alles gesetzlich zu, das weisst du doch. Nein, nein, wenn Mays verschwindet, dann muss er mir vorher unterschreiben, dass er mir sein Land übereignet hat.
Sheriff: (raunt) Ja.
Tiger: Sonst könnte es passieren, dass er mit einem Trupp Texas Rangers zurückkommt, sobald er erfährt, dass auf seinem Land Gold gefunden worden ist.
Sheriff: Wir müssen Mays aufhalten!
Tiger: (raunt) Ja. Er muss hier irgendwo in der Nähe der Stadt sein. Ich kenne ihn. Er würde dem Chinesen nicht blindlings zehn Dollar anvertrauen.
Sheriff: Richtig.
Tiger: Ausserdem hat Lon Dsi sich eine Quittung geben lassen. Das bedeutet, dass Mays in der Nähe auf ihn wartet.
Sheriff: Okay. Wir stellen ein Suchkommando zusammen und schnappen uns den Alten.
Tiger: Du bist sicher, dass der Chinese nicht ausbrechen kann?
Sheriff: Ha, absolut. Aus diesen Zellen ist noch nie jemand herausgekommen, den ich nicht herauslassen wollte.
Tiger: Das ist gut.

Musik

Mehrere Pferde kommen angeritten und halten.

Feeling: Sheriff. Da ist der Junge, der bei dem Chinesen war.
Sheriff: Tatsächlich. Er läuft den Hügel hoch.

Hintergrundstimmen: Habt ihr das gesehen? Ja!

Feeling: Leise, Leute! Leise!
Sheriff: Was treibt der Bengel hier draussen? Hm, vielleicht sucht er den gleichen Mann wie wir?!
Feeling: Sie meinen Mays?
Sheriff: Natürlich.
Feeling: Könnte mir vorstellen, dass sie Recht haben. Der Chinese und der Junge waren beim alten Mays draussen und sie sind zusammen in die Stadt gekommen, um die zehn Dollar zu bezahlen. Was liegt näher für den Jungen, als wieder zu Mays zu laufen.
Sheriff: Genau! Mal herhören, Leute! Drei Leute reiten im weiten Bogen westlich um den Hügel herum, drei östlich.
Leute: Wird gemacht, Sheriff.
Sheriff: Feeling bleibt bei mir.
Feeling: Ok, Sheriff.
Sheriff: Na los! Tempo!

Hintergrundstimmen: Jiiieeehaaaa. Hüaaaaa.

Sheriff: Macht nicht so'n Krach!

Pferdegetrappel.

Musik

Getrappel von sich nähernden Pferden.

Sheriff: Das ist der Junge wieder.
Feeling: (lacht) Den schnapp' ich mir. He, Junge, komm' her!
Lorrimer: Nein! Nein!
Feeling: (lacht) He, hopp, zu mir auf's Pferd!
Lorrimer: Lassen sie mich los! Lassen sie mich los! Ich will nicht!
Feeling: (lacht) Nicht beissen, Junge, sonst setzt es was! Ich hab' ihn, Sheriff.
Sheriff: Gut, Feeling. Dann komm!

Pferdegetrappel.

Sheriff: Da vorn' ist Mays mit seiner Tochter Jeanny.
Leute: Da sind sie. Wir haben sie. He, Sheriff.
Sheriff: Mays. Bleiben sie, wo sie sind. Sie sind umstellt.
Mays: Was wollen sie von mir?
Sheriff: Hände weg von der Waffe! Sie auch, Jeanny!
Jeanny: Was fällt ihnen ein, uns wie Verbrecher zu jagen.
Sheriff: Einigen meiner Leute ist das Temperament durchgegangen. Entschuldigen sie. Ich hatte verboten, zu schiessen. Aber bei einem kleinen Dieb ist sowas ja wohl auch nicht notwendig, hm?
Mays: Dieb?! Sie nennen mich einen Dieb?!
Sheriff: Allerdings! Ich hab' erfahren, dass sie unsere schöne Gegend verlassen wollen, um sich woanders anzusiedeln.
Mays: So ist es.
Sheriff: Dagegen haben wir auch gar nichts. Wir haben nur etwas dagegen, dass jemand verschwindet, ohne seine Schulden zu bezahlen.
Mays: Ich habe meine Schulden bezahlt.
Sheriff: Jenkins behauptet, von ihnen noch Geld zu bekommen.
Lorrimer: Das ist nicht wahr! Lon Dsi hat...mmmpffhh

Lorrimer wird der Mund zugehalten.

Feeling: Sei still, du!
Sheriff: Ist gut, Feeling. Du erstickst ihn noch. Na los, Mays! Kommen sie mit in die Stadt!
Mays: Sie machen wegen zehn Dollar einen solchen Aufstand?! Da stimmt doch etwas nicht. Ich gehe nicht in die Stadt.
Sheriff: Dann muss ich sie zwingen!
Mays: Versuchen sie es nur.
Jeanny: Vater, bitte! Das lohnt sich doch nicht. Kannst du dir nicht denken, warum du in die Stadt reiten sollst? Ha, dieser saubere Sheriff. Er will eine Urkunde, in der verzeichnet ist, dass du dein Land und deine Eigentumsansprüche an Mohawk verkauft hast.
Mays: So ist das also. Sie können das Papier auch hier haben.
Sheriff: Das geht nur in meinem Büro.
Mays: Ich verstehe. Sie scheuen sich also nicht zuzugeben, dass sie diesen ganzen Zauber nur veranstaltet haben, um mir mein Land zu nehmen. Bitte. Sie können es haben. Ich werde ohnehin niemals hierher zurückkommen.
Sheriff: Dann sind wir uns ja einig. Feeling, der Junge kommt mit.
Feeling: Okay, Sheriff!
Sheriff: Los Leute!

Pferdegetrappel und Cowboygejohle.

Musik

Sheriff: Setzen sie sich, Mays. Nehmen sie Platz, Jeanny. Ich hol' nur eben die Papiere.

Papier raschelt.

Lorrimer: Jeanny. Lon Dsi hat die zehn Dollar bezahlt. Bestimmt!
Sheriff: Sei still, du verdammter Bengel!
Lorrimer: Es stimmt!
Jeanny: Ich glaube dir, Lorrimer
Sheriff: So, Mays. Hier sind die Papiere. Ich schreib' es für sie auf. Also, hiermit erkläre ich, Jeremy Mays, Apache County, dass ich...

Eine Tür öffnet und schliesst sich hastig. Ebenso hastige Schritte.

Feeling: (ausser Atem) Sheriff! Der Gefangene ist weg!
Sheriff: Was ist los? Der Chinese?
Feeling: Ja! Er ist weg!
Sheriff: Das ist unmöglich! (hektisch) Warten sie, Mays. Ich bin gleich wieder da.

Eilige Schritte über Holzboden, anschliessend widerhallende Schritte.

Feeling: Alle Türen waren verschlossen.
Sheriff: Aber das ist doch unmöglich! Jemand muss ihn befreit haben!
Feeling: Wer sollte das tun?! Der Kerl hat keine Freunde hier.
Sheriff: Verdammt! Sollte Tiger ihn aufgeknüpft haben?
Feeling: Da! Sehen sie! Die Eisenstange hier ist leicht verbogen.
Sheriff: Kein Mensch kann durch die Stangen kriechen. Unmöglich!
Feeling: Möglich? Sehen sie sich das an!
Sheriff: Das ist doch...
Feeling: Von hier aus muss er zu dem Fenster dort gelaufen sein. (Schritte) Auch da sind die Eisenstangen verbogen.
Sheriff: Aber, aber...
Feeling: Ich wette mit ihnen, dass er da rausgeklettert ist.
Sheriff: Der Kerl hat uns reingelegt! Langsam wird er mir unheimlich. Komm, Feeling!
Feeling: (ächzt)

Widerhallende Schritte, dann Schritte auf Holzboden. Ein Stuhl wird verschoben.

Lorrimer: Ist Lon Dsi weg?
Jeanny: Ist er geflohen?
Sheriff: Allerdings. Aber das geht euch nichts an. Also, äh, nun zu ihrer Urkunde, Mays.
Mays: Glauben sie, ich warte aus purem Vergnügen? Beeilen sie sich, Sheriff. Je früher ich von hier verschwinden kann, desto besser! Schreiben sie weiter!
Sheriff: (drohend) Mays, ich warne sie! So...So, jetzt ist es soweit. Unterschreiben sie, dass sie alle Eigentumsrechte an ihrem Land an Mr. Mohawk abtreten.
Mays: Geben sie schon her!
Jeanny: Vater! Vater, du solltest dir das alles noch einmal überlegen. Da stimmt doch etwas nicht. Warum sind sie so erpicht darauf, alles schriftlich zu bekommen. Tiger Mohawk nimmt es doch sonst nicht so genau.
Sheriff: Beeilen sie sich, Mays, sonst werde ich ungemütlich.

Eine Tür öffnet. Schritte auf Holzboden.

Lorrimer: Lon Dsi!
Lon Dsi: Unterschreiben sie nicht, Mr. Mays.
Sheriff: Was soll das?
Feeling: Verdammt! Der Chinese!
Lon Dsi: Auf ihrem Land gibt es reiche Goldvorkommen, Mr. Mays.
Sheriff: Du wagst es, Gelber! (macht einen Schritt)
Lon Dsi: Das ist der Grund dafür, dass man sie vertreiben will.
Mays: Gold?!
Lon Dsi: Ich habe gehört, wie Tiger Mohawk und der Sheriff darüber gesprochen haben.
Jeanny: Auf unserem Land ist Gold?
Lon Dsi: Es muss sogar sehr viel sein, denn sonst hätte der Tiger sich nicht dafür interessiert.
Sheriff: Schluss jetzt! Hände hoch, Gelber! (zieht seinen Colt)
Mays: Lassen sie die Waffe stecken, Sheriff!

Handgemenge mit den typischen Kung-Fu-Lauten.

Sheriff: (stöhnt)
Lorrimer: Bravo, Lon Dsi. Du hast beide besiegt.
Jeanny: Den Sheriff und Feeling? Wo...wo haben sie das gelernt? Ich...ich meine, wie kann ein Mensch so kämpfen.
Mays: Wie kann ein Mensch sich so schnell bewegen?
Jeanny: Hm, man könnte direkt Angst vor ihnen haben.

Chinesische Flötenmusik

Lon Dsi: Niemand braucht sich vor mir zu fürchten. Ich bin ein friedfertiger Mensch, der dem Kampf nicht sucht, sondern ihm lieber aus dem Wege geht.

Musik endet

Mays: Sie haben gesagt, dass es auf meinem Land Gold gibt. Ist das wirklich wahr?
Lon Dsi: Es ist wahr. (Flötenmusik) Sie sind nicht laenger ein armer Mann, sondern werden bald einer der reichsten Männer in diesem Land sein. (Musik endet)
Mays: Ha! Wenn Tiger Mohawk es zulässt.

Schüsse peitschen. Stimmen werden ausserhalb des Office laut.
Hintergrundstimmen: Tiger. Das ist er. Er hat sich im Office versteckt. Los!
Tür öffnet sich. Schritte. Stimmen.

Tiger: Hier also bist du! Nimm die Hände hoch, Lon Dsi! Und sie auch, Mays! Keine falsche Bewegung! Bindet ihm die Arme auf den Rücken, los doch! (macht einen Schritt)

Hintergrundstimmen: In Ordnung. Komm. Los.

Mays: Was haben sie vor?
Tiger: Nichts anderes als zuvor auch. Ihnen wird nichts geschehen, wenn sie vernünftig sind. Ich will ihr Land!
Jeanny: Und was wollen sie von Lon Dsi?
Tiger: Für ihn habe ich einen Strick mitgebracht.
Lorrimer: Nein!
Tiger: Bringt den Gelben nach draussen und setzt ihn auf's Pferd!
Jeanny: Bitte Tiger. Tun sie das nicht.
Tiger: Halten sie den Mund, sonst geht es ihrem Vater auch noch an den Kragen. Leute, macht den Sheriff munter!
Leute: Okay, Tiger. Ja, komm.(schütten Wasser über ihn)
Leute: (lachen)
Sheriff: (prustet) Was...was ist denn los? Eh, heh, was soll denn das?
Jeanny: Sheriff. Sheriff, sie haben Lon Dsi nach draussen gebracht. Tiger Mohawk will ihn lynchen.
Sheriff: Ach, will er das?
Mays: Wenn sie noch einen Funken Anstand in sich haben, dann werden die diesen Mord verhindern.
Sheriff: Warum sollte ich das tun?
Mays: Bisher haben sie viel durchgehen lassen, was Mohawk gemacht hat.
Sheriff: So, hab' ich das?
Mays: Einen Mord haben sie jedoch noch nicht geduldet. Wenn sie jetzt nicht eingreifen, dann ist auch ihnen der Galgen früher oder später sicher.
Sheriff: Halten sie den Mund! Hinaus mit ihnen! Na los, sieh auch, Mays.
Mays: (verbissen) äh.
Sheriff: Kommen sie. Hinaus!
Mays: Ach, lassen sie mich los, sie...

Hintergrundstimmen: Er baumelt, Leute. Und wie er baumelt.

Mays: Sie haben ihn auf ein Pferd gesetzt. Er hat die Hände auf dem Rücken. Die Schlinge liegt schon um den Hals.
Jeanny: Ich...ich kann das nicht sehen. Lon Dsi!
Tiger: (entfernt) Gebt dem Pferd die Peitsche!

Peitschenhiebe.

Lorrimer: Nein! Nein, das dürfen sie nicht tun!

Peitschenhiebe.
Hintergrundstimmen: Ja, gib's ihm. Los!

Tiger: (entfernt) Warum läuft das Pferd nicht los? (Pferd wiehert im Hintergrund) Schlagt es! Schlagt es doch!

Peitschenhiebe.

Mays: Er hat die Hände frei. Seht doch. Lon Dsi hat die Hände frei.
Lorrimer: Das Pferd läuft nicht los.
Jeanny: Es gehorcht ihm und nicht Mohawk.
Sheriff: Unmöglich!
Jeanny: Er ist vom Pferd herunter.
Mays: Jetzt hat er sich die Schlinge abgestreift.
Sheriff: Warum lässt Tiger das zu? Oh, meine Waffe! Ich werde...(hastige Schritte)
Mays: Jetzt werden sie nicht eingreifen, Sheriff. Jetzt nicht!
Sheriff: Und ob ich das tun werde!
Mays: Her mit ihrer Waffe!
Sheriff: Mays, was fällt ihnen ein?!
Mays: Zur Seite, Sheriff!
Sheriff: Mays!
Mays: Und sie auch, Feeling. (ein Schritt) Platz für Lon Dsi!
Tiger: (entfernt) Was willst du von mir, Chinese.
Jeanny: Was macht Lon Dsi für eigenartige Bewegungen mit den Händen?
Lorrimer: Er bereitet den Angriff in der Tigerstellung vor.
Jeanny: Woher weisst du das?
Lorrimer: Er hat mir alles erklärt. Sehen sie? Tiger Mohawk kennt diesen Kampf auch. Ah, jetzt weiss ich, warum man ihn Tiger nennt.
Jeanny: (ruft) Vorsicht, Lon Dsi!
Lorrimer: Du brauchst ihn nicht zu warnen. Er hat es längst erkannt.
Mays: Verflucht. (lacht) Dass ich diesen Tag erleben durfte. Jetzt geht es dem Killer Mohawk an den Kragen.

entfernte Kampfgeräusche im typischen Kun-Fu-Stil.

Lorrimer: Ja. Da. Sehen sie. Jetzt.
Mays: Lon Dsi!
Lorrimer: Ja.
Mays: Lon Dsi, aufpassen!
Lorrimer: Ah, mist. Ja.
Mays: Hach.
Lorrimer: Da.
Mays: Lon Dsi!
Lorrimer: Nein, jetzt.
Mays: Ooh!
Lorrimer: Ooh!
Jeanny: Lon Dsi liegt am Boden.
Lorrimer: Der Tiger hat ihn getroffen!
Tiger: Was ist denn, Gelber?! Damit hast du nicht gerechnet, wie? Komm her! In mir hast du deinen Meister gefunden.

nahe Kampfgeräusche im typischen Kung-Fu-Stil.

Mays: Da, Lorrimer! Schau!
Lorrimer: Ja.
Mays: Schau.
Lorrimer: Lon Dsi. Ja.
Mays:: Jetzt ist Mohawk erledigt. Da, seht. Es hat ihn erwischt.
Lorrimer: Vorsicht Lon Dsi, er hat einen Revolver!
Mays: Die Waffe weg, Mohawk!

Ein Schuss peitscht.

Tiger: (schreit) Aaaahh!!

Eilige Schritte.

Lorrimer: Lon Dsi. Bist du verletzt?
Lon Dsi: Nein, Lorrimer. Es ist alles in Ordnung.
Jeanny: Du hast den Tiger erschossen, Pa.
Mays: Ich musste es tun, sonst hätte er Lon Dsi erschossen.
Lon Dsi: Danke, Mr. Mays.
Mays: Wozu denn, he? Sie hätten doch in der gleichen Situation das Gleiche für mich getan, oder etwa nicht?
Jeanny: Lon Dsi, ich bin...ich bin so froh.
Mays: Leute, hört mal her!
Leute: Ja? Ja? Was ist?
Mays: Den Tiger sind wir los. Und hier stehen noch zwei Männer, die zu ihm gehört haben Was haltet ihr davon, wenn wir Feeling und den Sheriff hinter Gitter bringen. Und uns einen neuen, sauberen Sheriff suchen.
Leute: Ja, bravo, Ja, bravo. Sehr gut, sehr gut. (Beifall)

Musik

Mays: So, das hätten wir. Der Sheriff und Feeling sind in Sicherheit. Das Gericht wird darüber befinden, was mit ihnen geschieht. Aber wie geht es jetzt weiter?
Jeanny: Tiger Mohawk hatte viele Freunde in der Stadt. Werden sie nicht versuchen, seine Nachfolger zu werden?
Mays: Das Beste wäre, wenn wir eine Bürgerwehr zusammenstellen und die Stadt von ihnen säubern würden.
Lon Dsi: Sie wollen alle töten?
Mays Es wäre eine Radikalkur, die unsere Stadt für die nächsten Jahrzehnte von solchem Gesindel befreien würde.

Chinesische Musik.

Lon Dsi: Ich erinnere mich an einige Worte meines Meisters Yu Kang. Ich fragte ihn eines Tages, wie wäre das, wenn man die Verbrecher tötet, um denen zu helfen, die auf dem rechten Wege gehen.
Jeanny: Und was antwortete der Meister?
Lon Dsi: Yu Kang erwiderte, wenn der Gute herrscht, was bedarf es dann des Tötens? Wenn er das Gute wünscht, dann wird das Volk gut. Das Wesen des guten Herrschers ist der Wind. Das Wesen des Geringeren ist das Gras. Das Gras muss sich beugen, wenn der Wind darüber fährt.
Jeanny: Du meinst, dass die Männer von Tiger Mohawk Apache Creek verlassen werden?
Lon Dsi: Das werden sie tun oder sie werden sich beugen. Denn ohne Tiger Mohawk sind sie nichts mehr wert. Ihr habt ihnen gezeigt, dass ihr keine Furcht vor ihnen kennt. Das macht sie hilflos gegen euch. (macht einen Schritt)
Jeanny: Was hast du? Warum stehst du auf, Lon Dsi?
Lon Dsi: Lorrimer und ich werden jetzt weitergehen.
Mays: ähm, ich würde mich freuen, äh. Ach, zum Teufel,bleiben sie hier, Lon Dsi!
Lon Dsi: Das geht nicht. Wir haben schon zuviel Zeit verloren. Lorrimer möchte endlich wieder zu seinen Eltern. Für ihn ist jeder Tag wichtig.
Lorrimer: Auf wiedersehen, Miss Jeanny. Auf wiedersehen, Mr. Mays.
Mays: Ich begleite euch noch ein Stückchen, Junge.
Jeanny: Vater, wohin willst du?
Mays: Ich? äh, oh, äh, ähm. Ich habe eigentlich kein besonderes Ziel.
Jeanny: Vater, was ist los? Wohin willst du?
Mays: Du gibst ja doch keine Ruhe. Also gut, ich gehe jetzt zu unserm sauberen Kaufmann Jonathan Jenkins und verabreiche ihm eine zehn Dollar Tracht Prügel. Er soll sich wundern, wieviel Hiebe er für diese Summe bekommt.
Lorrimer: Och, das möchte ich sehen, Lon Dsi. Solange haben wir doch noch Zeit, oder?
Mays: Bitte keine klugen Sprüche ihres Meisters jetzt, Lon Dsi! Der Junge soll sehen, dass ich mich auch meiner Haut wehren kann. (Musik spielt ein) Und Jenkins soll spüren, dass ich noch eine Menge Kraft in meinen alten Knochen habe.

Musik