Räuberhauptmann Potzblitz

Hörspieltext



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Abschrift

Räuberhauptmann: Bei meinem feuerroten Bart, daß war mal wieder ein prachtvoller Räubergesang.
Schnapp: Du bist auch ein prächtiger Räuberhauptmann, mit deinem breiten Filzhut, dem grünen Rock und den hohen Stulpenstiefeln.
Schnipp: Ja, ja, sehr stattlich Hauptmann, aber kannst du uns trotzdem verraten, warum wir uns ausgerechnet so spät abends, bei diesem Regen, hier mitten in diesem einsamen Waldhohlweg treffen müssen?
Räuberhauptmann: Weil sich bei diesem Hundewetter keine vernünftige Menschenseele in den Wald traut, mein lieber Räuber Schnipp.
Schnipp: Ich sag‘s ja, so eine Unvernunft. Anstatt in unserer warmen Räuberhöhle zu sitzen, stehen wir hier wie die begossenen Pudel.
Schnapp: Und holen uns nasse Füße (hahahaatschi).
Räuberhauptmann: Dafür sind wir hier vor allen Lauschern sicher, also spitzt die Ohren. Was war das für ein Geräusch?
Schnipp: Ich hab nichts gehört!
Schnapp: Ich auch nicht.
Räuberhauptmann: Doch! Da war es wieder. Klang ziemlich schaurig.
Schnipp: Vielleicht ein Nachtkäuzchen?!
Schnapp: Aaahh, nein! Das ist nur mein Magenknurren. Ich hab seit gestern nichts mehr gegessen und einen Huuunger, das ich auf der Stelle umfallen könnte.
Räuberhauptmann: Halte noch ein Weilchen aufrecht, Räuber Schnapp, dann lade ich Euch zu einem großen Gänsebraten-Essen ein.
Schnapp: Mmmhh !!! Mit Kartoffelklößchen.
Räuberhauptmann: Und Rotkohl, wenn ihr wollt.
Schnapp: Mmhh! Schnell, schieß los Hauptmann.
Räuberhauptmann: Gut. Ihr kennt doch den Kaufmann Krimskrams ?!
Schnipp: Den Krimskrams-Kaufmann?
Räuberhauptmann: Ja! Gestern abend saß ich in der Altstadt im Gasthaus zum Goldenen Löwen.
Schnapp: Das war sehr waghalsig.
Räuberhauptmann: Unterbrich mich nicht immerzu!!! Wie ich so mein Bier trank, hörte ich, wie der Kaufmann erzählte, daß er heute Nacht mit seinem Wagen durch den Wald in die Nachbarstadt fahren will.
Schnipp: Der kommt uns mit seiner Geldbörse gerade recht. Äh, aber wann kommt er?
Räuberhauptmann: Woher soll ich das wissen, ich hab ja keine Uhr.
Schnapp: Äh, ein armseliges Leben ist dieses Räuberleben. Nicht mal zu einer Uhr haben wir es bisher jetzt gebracht!
Räuberhauptmann: Also, du Schnipp stellst dich unten am Hohlweg auf und gibst uns ein Zeichen, wenn der Wagen auftaucht.
Schnipp: Warum immer ich und nie der Schnapp?
Räuberhauptmann: Weil du der kleinste Räuber bist, also verschwinde. Wir beide legen uns hier mit unseren Flinten auf die Lauer um den Kaufmann zu überfallen und auszurauben.
Schnipp: Eine Gemeinheit! Jedesmal wenn es was zu rauben gibt, muß ich verschwinden.
Erzähler: Maulend trollt sich der kleine Räuber Schnipp davon während sich der Räuberhauptmann Potzblitz und der Räuber Schnapp rechts und links des Hohlwegs auf die Lauer legen.

Danach vergehen unendlich lange Warteminuten und Stunden in denen der Regen auf die Lauernden hernieder prasselt und von ihren breiten Hutkrempen in die Hemdkragen tropft. Bis schließlich der durchweichte Schnapp aus seinem Versteck niest.
Schnapp: (Hahahahatschie) Öh, ist das naß! Aber mein guter Vater hat mich gewarnt. Schuster bleibt bei deinen Leisten.
Räuberhauptmann: Mit deiner Schusterei könntest du nicht halb so viel verdienen wie mit unserem Räuberhandwerk.
Schnapp: Trotzdem haben wir schon lange keinen Pfifferling gesehen.
Räuberhauptmann: Heute erbeuten wir so viel Geld, daß wir eine Schubkarre brauchen werden.
Räuberhauptmann: Hoffentlich Hauptmann !
Räuberhauptmann: Sei still! Ich höre Pferde und Räder rollen.
Schnapp: Schnipp hat uns gar kein Zeichen gegeben.
Räuberhauptmann: Bestimmt hat er verschlafen. Sobald der Wagen hier ist, springen wir aus dem Gebüsch. Bist Du bereit, Schnapp?
Schnapp: Ja, ja, nein! Augenblick noch. Ich hab vergessen, meine Flinte zu laden.
Räuberhauptmann: Bei meiner eigenen Flinte, du bist mir ein schöner Räuber, Schnapp.
Schnapp: Schon fertig. Pulver und Blei sind im Rohr.
Räuberhauptmann: Auf die Plätze, fertig los.

Halt!
Kaufmann: Brr, brr!
Räuberhauptmann: Geld oder Leben.
Schnapp: Leben oder Geld.
Kaufmann: Um Himmels willen, was soll das heißen?
Räuberhauptmann: Das wir dir ein Loch in Deinen dicken Kaufmannswanst brennen, wenn du nicht sofort dein Geld rausrückst. Na wird’s bald?! Vor dir steht der Räuberhauptmann Potzblitz und der spaßt nicht!
Kaufmann: Ja, ja, jawohl, jawohl, gleich, gleich, sofort, sofort!
Schnipp: Achtung aufgepaßt, er kommt!
Kaufmann: Häh?
Räuberhauptmann: Au, paß‘ bloß auf.
Kaufmann: HaHaHaHaHa!!
Räuberhauptmann: Potz, Pulver und Blei, er kommt nicht, er fährt fort. Und schuld daran bist du, Schnipp. Du hast uns so erschreckt, daß mir Schnapp glatt durch den Hut geschossen hat.
Schnapp: Und der Hauptmann hat meinen Hut durchlöchert.
Schnipp: Och, das tut mir wirklich leid.
Räuberhauptmann: Doch der Kaufmann ist über alle Berge und mit ihm all sein Geld.
Schnapp: Und mit seinem Geld auch unser Gänsebraten mit Klößen und Rotkohl. Hey, was hat denn der Schnipp blinkendes in der Hand?
Räuberhauptmann: Wenn mich meine Augen nicht täuschen, ist das eine Taschenuhr.
Schnipp: Ja! Als der Kaufmann fliehen wollte, wollte ich ihn irgendwie festhalten und auf einmal hatte ich das silberne Ding in der Hand. He, he, jetzt wissen wir wenigstens immer wie spät es ist.
Räuberhauptmann: Nichts da! Für die Uhr füllen wir uns in der Altstadt die leeren Bäuche. Also folgt mir Räuber, in den Goldenen Löwen.
Schnapp: Mit Freuden, Hauptmann.
Erzähler: Nach dem die Räuber ihre Flinten und Säbel sorgfältig im Gebüsch versteckt haben, stiefeln sie im Gänsemarsch, voran der Räuberhauptmann Potzblitz, gefolgt von Schnapp und Schnipp, der kaum Schritt halten kann durch die regenfeuchte Nacht der Stadt zu, wo sie schnurstracks das Gasthaus zum Goldenen Löwen betreten.
Schnapp: Riecht das hier vortrefflich.
Räuberhauptmann: Frau Wirtin, wir haben großen Hunger und wollen jeder eine knusprig gebrachtene Gans mit Kartoffelklößen und Rotkohl.
Wirtin: Habt ihr auch Geld?
Räuberhauptmann: Geld nicht, nur eine silberne Uhr. Würde die reichen zum bezahlen?
Wirtin: Ja, das ist eine hübsche Uhr.
Räuberhauptmann: Würde sie auch noch für einen Krug Wein langen?
Wirtin: Glaube, daß läßt sich machen.
Wachtmeister
Zwirbelbart:
Moment! Im Namen des Gesetzes! Ich bin der Wachtmeister Zwirbelbart und fange euch. Wo habt ihr diese Uhr her?
Räuberhauptmann: Geerbt!
Schnipp: Gefunden.
Wachtmeister: Ach, geerbt oder gefunden, der Fall kommt mir sehr verdächtig vor. Und ich werde die Uhr beschlagnahmen. Wenn ihr die Wahrheit gesagt habt, bekommt ihr sie entweder zurück oder Finderlohn. Und bis dahin macht das ihr aus dem Gasthaus kommt, sonst nehme ich euch drei mit auf die Wache und sperre euch ein.
Räuberhauptmann: Dann ade Gänsebraten.
Schnapp: Mit Rotkohl und Kartoffelklößen.

Musik: Ca. 18 Sekunden

Erzähler: Mit hängenden Köpfen und knurrenden Bäuchen wankten die Räuber an den schmatzenden und schlürfenden Gästen vorbei aus dem Gasthaus. Aber kaum stehen sie draußen, unter dem quietschenden goldenen Löwenschild, knurrt der Räuberhauptmann.
Räuberhauptmann: Bei meinem feuerroten Bart, für diese Schmach werden wir uns an diesem Wachtmeister und der ganzen Stadt rächen, das schwöre ich, so wahr ich euer Hauptmann bin. Und ich weiß auch schon wie. Wir werden ihnen ihre große Rathausuhr stehlen, dafür bekommen wir so viele Gänsebraten, wie wir wollen.
Schnapp: Uih, oh, hör auf Hauptmann. Mir wird ganz schlecht bei dem Gedanken.
Schnipp: Aber, aber, wir können nicht einfach die Rathausuhr ins Gasthaus tragen und sagen, bitte sehr Frau Wirtin, tauschen sie uns die Uhr gegen Gänsebraten ein.
Räuberhauptmann: Das laß nur meine Sorge sein. Vorwärts Räuber, wir rauben die Rathausuhr.
Erzähler: Vorsichtig schleichen die drei Räuber davon und je näher sie ihrem Ziel kommen, desto leiser wird ihr Geflüster. Bis sie ganz verstummen und auf Zehenspitzen durch die Gassen huschen. Aber gerade als sie vor dem Rathaus anlangen, schlägt die Rathausuhr 12. Und von fern ertönt lautes Hundegebell und eine krächzende Stimme.
Nachtwächter: Hört ihr Leute, laßt Euch sagen, unsere Uhr hat 12 geschlagen. Löscht das Feuer und das Licht.
Schnipp: Schreck laß nach, die Geisterstunde.
Schnapp: Und dort kommt schon ein Geist. Nichts wie fort.
Räuberhauptmann: Ihr Hasenfüße, bleibt doch stehen. Schämt ihr euch nicht? Ihr wollt Räuber sein? Und laßt euch von einem Nachtwächter ins Boxhorn jagen.
Schnipp: Nein, nein, da kriegen mich keine 10 Pferde mehr hin.
Schnapp: Nicht mal für alle gebratenen Gänse der Welt oder vorher muß einer hingehen und nachsehen.
Räuberhauptmann: Ich kann nicht. Ich bin euer Hauptmann. Stellt euch einmal vor, wenn mir was passieren würde, was wollt ihr dann ohne mich anfangen?
Schnipp: Entsetzlich.
Schnapp: Schrecklich! Aber ich kann auch nicht. Ihr wißt, ich kann im dunkeln so schlecht sehen.
Schnipp: Und ich bin der Kleinste, daß hast du selbst gesagt, Hauptmann Potzblitz.
Räuberhauptmann: Dann hilft alles nichts, dann müssen wir eben abzählen. Kommt ganz dicht heran. Noch dichter! Ich beginne mit dem Räuberabzählreim. Degen, Dolch und Schießpistolen, gleich soll dich der Teufel holen. Degen, Dolch und Schießpistolen, gleich soll dich der Teufel holen.
Schnapp: Mich?!
Räuberhauptmann: Ja Dich Schnapp. Du mußt gehen und nachsehen. Oder hast du etwa Angst?
Schnapp: Kein bißchen, Hauptmann.
Erzähler: Zitternd und bibbernd macht sich der Räuber Schnapp auf den Weg während der Hauptmann und der kleine Schnipp unter einem Baum zurückbleiben und ihm nachlauschen. Doch so sehr sie auch ihre Ohren spitzen, können sie keinen Laut vernehmen. Bis plötzlich vor ihnen ein Schatten auftaucht.
Schnapp: Psst! Ich bins Schnapp. Wir haben uns geirrt, weit und breit ist kein Gespenst zu sehen.
Räuberhauptmann: Ans Werk Räuber, bleibt immer dicht hinter mir, dann kann euch gar nichts passieren. Dort ist bereits das Rathaus.
Schnipp: Da ist ja ein Zaun rund herum.
Schnapp: Und was für ein hoher sogar.
Räuberhauptmann: Dann kriechen wir eben unter durch. Du zuerst Schnapp.
Schnapp: Das ist ziemlich eng. Helf mir, ich bin unter dem Zaun eingeklemmt.
Räuberhauptmann: Sapperlot. Jetzt wird euch euer Hauptmann mal zeigen, wie man das macht. Man springt oben drüber. Hiiilfe. Ich hänge auf der Zaunspitze.
Schnipp: Um Himmels willen. Mach nicht solch ein Geschrei. Du rufst ja den Nachtwächter herbei
Räuberhauptmann: Gaff lieber nicht so dumm und befreie uns Schnipp. Wie bist du überhaupt durch den Zaun gekommen?
Schnipp: Ach das war kinderleicht. Ich bin drum rum gelaufen. Da hinten ist der Zaun ja zu Ende.
Räuberhauptmann: Heb mich runter.
Schnapp: Zieht mich heraus.
Schnipp: Na, wem soll ich nun zuerst helfen?
Räuberhauptmann: Äh, natürlich mir. Immerhin bin ich der Räuberhauptmann.
Schnipp: Also gut.
Räuberhauptmann: Hauruck und ruckzuck. Ah, gib doch acht, du Trottel hast meine Hose zerrissen.
Schnapp: Paß doch auf. Du Tollpatsch hast mich so vor den Kopf gestoßen, daß er wie ein Teekessel brummt.
Schnipp: Undank ist der Welten Lohn.
Räuberhauptmann: Was sollen nur die Leute von mir denken, ein Räuberhauptmann mit zerrissener Hose.
Schnipp: Wenn einer kommt, hältst Du einfach deinen Hut davor.
Schnapp: Und was mach ich mit meinem Brummschädel?
Schnipp: Du sagst, du wärst auf den Kopf gefallen, Schnapp.
Räuberhauptmann: Hört auf zu schwatzen und kommt endlich. Wir können hier nicht bis morgen früh stehen bleiben.

Musik

Schnapp: Die Rathaustür ist zu.
Räuberhauptmann: Abgeschlossen. Leise, leise. Horch mal, da schnarcht wer.
Schnipp: Das ist bestimmt der Bürgermeister.
Räuberhauptmann: Das hätte mir auch einfallen können Schnipp. Seid vorsichtig, damit die Turmtreppen nicht knarren.
Erzähler: Immer im Kreise herum steigen die 3 Räuber über die knarrenden Stiegen der Rathausturmtreppe empor. Und als sie schließlich oben bei der Rathausuhr anlangen, sind sie ziemlich außer Puste.
Schnapp: Ist das hoch. Mir wird ganz schwindelig. Ich darf gar nicht runter schauen.
Räuberhauptmann: Du sollst auch nicht runter schauen, sondern zuschauen, wie wir die Uhr wegbringen. Rasch nehmt eure Messer und dreht sie ab.
Schnapp: Verflixt, sitzt die fest. Huch, ich hab mein Messer abgebrochen.
Räuberhauptmann: Mhh, das schadet nichts, damit schneidest du dir sowieso andauernd in die Finger. So, fertig! Das hätten wir geschafft. Ich gehe voran und ihr beide tragt die Uhr.
Schnipp: Du hast leicht reden, Hauptmann und wir können uns abrackern. Das Ding ist höllisch schwer und gewiß die erste und letzte Rathausuhr, die ich raube.
Schnapp: Dabei heißt es immer: Lustig ist das Räuberleben. Aber mein guter Vater hatte mich ja gewarnt. Schuster bleib bei deinen Leisten.
Räuberhauptmann: Obacht, die Stufen.
Schnapp: Halt! Ich kann die Uhr nicht mehr halten und falle! Das war ein Schlag. Ich fürchte, unser letztes Stündlein hat geschlagen.
Räuberhauptmann: Ach, jetzt habt ihr Dummköpfe bestimmt den Bürgermeister und die ganze Stadt aufgeweckt.
Schnipp: Nein, es hat niemand was gehört. Unten schnarcht es noch immer.
Räuberhauptmann: Euer Glück, das der Bürgermeister einen so gesunden Schlaf hat. Nehmt die Uhr wieder auf. Und beeilt euch.

Ende Seite 1

Schnipp: Hach, ist die schwer.
Erzähler: Schwer ächzend und stöhnend nehmen die Räuber Schnapp und Schnipp die Uhr wieder auf und schleppen sie prustend und schwitzend die Treppe hinunter und hinaus aus dem Rathaus, wo der Räuberhauptmann Potzblitz leise befiehlt:
Räuberhauptmann: Das ganze halt.
Schnapp: Das wurde höchste Zeit. Was fangen wir bloß mit diesem Mordsding an?!
Räuberhauptmann: So eine einfältige Frage kann nur der Schnapp stellen. Wir verlangen Lösegeld.
Schnipp: Das ist eine tolle Idee. Aber, wie verlangt man eigentlich Lösegeld?
Räuberhauptmann: Man schreibt einen Drohbrief.
Schnapp: Und wer von uns soll schreiben? Ich hab’s nie gelernt. Oder etwa du?
Räuberhauptmann: Nein, ich bin auch nicht in die Schule gegangen. Und habe von jung an das Räuberhandwerk erlernt. Deshalb bin ich ja auch so ein großer Räuberhauptmann geworden. Mhh, aber wie ist es mit unserem kleinsten Räuber Schnipp?
Schnipp: Das kleine ABC hab ich gelernt.
Räuberhauptmann: Großartig. Da, nimm das Stück Kreide und schreib an die Rathaustür. An den Bürgermeister von Altstadt, wir haben eure Rathausuhr geraubt. Wenn ihr sie heil wieder haben wollt, müßt ihr uns 1000 Eier zahlen.
Schnapp: Wieso Eier?
Räuberhauptmann: Na, so sagt man doch als Räuber für Mäuse oder Goldstücke.
Schnapp: Ach so! Das muß einem doch gesagt werden.
Räuberhauptmann: Übergabe morgen mittag 12.00 Uhr, 12.00 Uhr beim Schlag der Rathausuhr.
Schnipp: Woher sollen die Altstädter wissen, wann die Rathausuhr 12 schlägt, wenn wir sie gemaust haben?
Räuberhauptmann: Der Schnipp hat recht. Schreib besser, äh, morgen mittag, wenn die Sonne am höchsten steht am Kreuzweg. Sonst seht ihr die Uhr nie wieder. Unterschrift der Räuberhauptmann. Punkt um. Und darunter steche ich noch meinen Dolch in die Rathaustür. Das sieht fürchterlicher aus.
Erzähler: Nachdem sie ihre furchtbare Drohung an die Rathaustür geschrieben haben, hasten die Räuber mit der gestohlenen Rathausuhr quer durch die schlafende Stadt bis in den nahen Wald zu ihrer Räuberhöhle, in der sie sich erschöpft schlafen legen. Kaum graut der nächste Morgen, sind sie bereits wieder hellwach. Und als die Sonne am höchsten steht, schleppen sie ihre schwere Beute zum Kreuzweg, wo sie gar nicht lange zu warten brauchen bis ihr Räuberhauptmann ausruft:
Räuberhauptmann: Dort kommt jemand den Weg entlang. Er schiebt eine Schukarre vor sich her und oben drauf steht ein Korb.
Schnapp: Ich wette, in dem Korb ist das Lösegeld.
Schnipp: Ich wette der Mann ist der Wachtmeister Zwirbelbart.
Schnapp: Mal den Teufel nicht an die Wand, Schnipp.
Räuberhauptmann: Mach dir nicht gleich in die Hose, Schnapp. Er ist ganz alleine und hat nicht einmal seine Pistole um. Wir sind 3 und bis an die Zähne bewaffnet. Also laßt nur euren Hauptmann machen. Keinen Schritt weiter, sonst knallt meine Flinte. Wachtmeister Zwirbelbart.
Wachtmeister: Ah, da seid ihr ja ihr Spitzbuben. Wenn es nach mir ginge, würde ich euch am Kragen packen. Doch der Herr Bürgermeister hat befohlen, mit euch gütlich zu verhandeln. Hier ist der Korb mit dem Lösegeld. Euer Wort gilt?
Räuberhauptmann: Ein Räuber, ein Wort. Hier ist die Rathausuhr.
Wachtmeister: Ihr müßt mir noch helfen sie auf den Schubkarren zu heben.
Räuberhauptmann: Meinetwegen. Fast an Schnipp und Schnapp.
Schnipp: Ah, ist die schwer.
Räuberhauptmann: Hoppla! Was ist denn in dem Korb?
Wachtmeister: Macht ihn auf und zählt nach. Es sind genau 1000 Eier. Wie ihr gewollt habt. Das war ziemlich mühsam, sie so rasch zusammen zu bekommen. Die Hühner legen um diese Jahreszeit nicht gut.
Räuberhauptmann: Bei meinem feuerroten Bart. So haben wir nicht gewettet, ich werde dich mit meinem Säbel aufspießen und durchbohren.
Wachtmeister: Immer langsam Räuberhauptmann, du hast gesagt, ein Räuberwort gilt. Ihr habt eure 1000 Eier und ich unsere Rathausuhr. Wir sind quitt.
Räuberhauptmann: Ja, aber wir wollten keine richtigen Eier, sondern Mäuse.
Wachtmeister: Achso. Ihr meintet Mäuse. Hihihi. Das tut mir leid. Unser reicher Goldschmied hat viele Mäuse, allerdings ist er ein alter Geizkragen, der sie alle unten im Keller versteckt hält und keine einzige herausrückt.
Räuberhauptmann: In welchem Haus wohnt denn der Goldschmied?
Wachtmeister: Im 3.! Hinter dem Stadttor. Aber sein Keller ist fest verschlossen. Da kommt ihr nie im Leben rein. Tja, ich fürchte, diesmal habt ihr Pech gehabt. Vielleicht das nächste Mal. Auf Wiedersehen.
Schnapp: Da fährt er hin mit der Rathausuhr.
Schnipp: Und wir haben nichts weiter, als einen Korb mit Hühnereiern. Wo ich schon als kleiner Junge keine Eier mochte.
Räuberhauptmann: Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Heute Nacht werden wir uns die klingenden Mäuse des reichen Goldschmieds holen.
Erzähler: Vergnügt legen sich die Räuber ins Gras. Und während sie sich gegenseitig erzählen, was für ein Leben in Saus und Braus sie fortan führen wollen, geht langsam der Tag zur Neige. Kaum sind der Mond und die ersten Sterne aufgegangen, machen sie sich auf den Weg nach Altstadt. Doch bald verdunkeln dicke Wolken den Himmel, so daß sie nicht die Hand vor Augen sehen können.
Räuberhauptmann: In dieser stockfinsteren Nacht sind alle Katzen grau. Wir müssen die Häuser zählen, um das dritte nach dem Stadttor zu finden. Eins, zwei, vier.
Schnipp: Nein, nach zwei kommt fünf.
Schnapp: Nee, nicht doch. Die drei.
Räuberhauptmann: Bist du ganz sicher, Schnapp?
Schnapp: Je, ja, bebevor ich Räuber wurde, war ich doch Schuster und daher weiß ich, daß 1 Schuh und noch 1 Schuh , 2 Schuhe sind. Und für das besohlen nahm ich stets 3 Groschen.
Räuberhauptmann: Gut. Dann muß dies das Haus des reichen Goldschmiedes sein. Hahahaha. So ein Leichtsinn, das Kellerfenster ist offen. Schnipp, du kriechst hinein und reichst uns die Mäuse heraus.
Schnipp: Oh, hier ich bin schon drin.
Räuberhauptmann: Siehst du was?
Schnipp: Nein, hier ist es duster wie in einem Grab.
Räuberhauptmann: Schnapp kommt nach.
Schnapp: Mmmhhh, he ha, ja.
Schnipp: Autsch, du bist mir genau auf die Hand gesprungen.
Räuberhauptmann: Bahn frei, für euren Räuberhauptmann. Macht mal eine Lampe an.
Schnapp: Erstmal eine haben.
Räuberhauptmann: Ich hab ein paar Zündhölzer. Komisch, seht ihr hier irgendwo eine Truhe oder einen Schrank, wo die Mäuse drin sein könnten?
Schnipp: Nein, nur ein altes Bett, n Tisch und n Stuhl.
Schnapp: Das sieht aus wie in einem Kittchen.
Wachtmeister: Hehehehe, das ist auch ein Kittchen. Tja, ihr Spitzbuben, diesmal habt ihr Pech gehabt. Mmhmmhmmh.
Räuberhauptmann: Potz, Pulver und Blei, der Wachtmeister Zwirbelbart.
Schnipp: Dann ist das gar nicht der Keller des Goldschmieds?
Schnapp: Und dann gibt’s hier auch keine Goldstücke oder Mäuse?
Wachtmeister: Achso, ihr meintet Mäuse. Da sind viele Mäuse, wie ihr gewollt habt.
Schnipp: Hä, mir ist schon ne Maus übern Fuß gelaufen.
Schnapp: Au, mich hat so ein Biest gebissen.
Räuberhauptmann: So ein verfluchter Reinfall, wir sind ihm auf den Leim gegangen.
Schnapp: Ooh, hätte ich nur auf meinen guten Vater gehört, der hat mich immer gewarnt. Schuster bleib bei deinen Leisten.
Räuberhauptmann: Ja, das ist die Rettung, Schnapp, jammere weiter.
Schnapp: Aber was soll ich denn jammern?
Räuberhauptmann: Das du bereust und gestehen willst.
Schnapp: Wenn ich gestehe, werde ich doch verurteilt zu Wasser und Brot.
Räuberhauptmann: Schluchze was das Zeug hält, Schnapp.
Schnapp: Ist es so gut?
Räuberhauptmann: Ausgezeichnet. Schnipp und ich wir beide stellen uns hinter die Tür und wenn der Wachtmeister rein kommt, stellen wir ihm ein Bein und Peng.
Wachtmeister: Hey, was ist denn da drinne für ein Spektakel?
Schnapp: Herr Wachtmeister, Herr Wachtmeister, Herr Wachtmeister. Ich bin so unsagbar unglücklich, weil wir so schlecht waren. Wir haben die silberne Uhr gar nicht gefunden, sondern einem Kaufmann abgenommen und dann haben wir die Rathausuhr geraubt. Ja und heute Nacht wollten wir hier beim Goldschmied einbrechen und Geld stehlen. Ich kann nicht mehr Hauptmann, ich bin schon ganz heiser vom heulen und mir fällt auch nichts mehr ein.
Wachtmeister: Warte, warte, ich komme rein, das muß alles zu Protokoll genommen werden.
Räuberhauptmann: Ja, kommen sie nur Herr Wachtmeister. Aufgepaßt Räuber.
Peng.
Wachtmeister: Was soll das?
Räuberhauptmann: Zieht ihm die Uniform aus und fesselt ihn.
Wachtmeister: Oh, laßt das doch. Laß mich gefälligst los. Ich, ich bin ein Hüter des Gesetzes, das ist eine Amtsbeleidigung. Ich bin eine Respektsperson.
Räuberhauptmann: So, der ist fest verschnürt und kann nicht mehr den kleinsten Finger rühren.
Wachtmeister: Das werdet ihr büßen. Bitter büßen. Ich werde euch verhaften. Ich werde euch auf der Stelle festnehmen.
Schnapp: Hahaha, man hat noch keinen Gehangen, bevor man ihn gefangen. Mein bester Wachtmeister.
Räuberhauptmann: Rasch Räuber, es wird langsam Tag. Ich zieh jetzt die Wachtmeister-Uniform an und spaziere mit euch hinaus. Und jeder wird denken, ich führe Gefangene ab.
Schnipp: Donnerwetter. Hoch lebe unser Räuberhauptmann.
Räuberhauptmann: Leb wohl und viel Vergnügen. Meister Zwirbelbart.
Wachtmeister: Hilfe, Hiilfe, zur Hilfe. Ja helft mir doch ihr Leute.
Erzähler: Während der arme Zwirbelbart in seinem Gefängnis kläglich nach Hilfe schreit, marschiert der als Wachtmeister verkleidete Räuberhauptmann Potzblitz mit Schnipp und Schnapp aus dem Gefängnis hinaus auf den Marktplatz. Aber gerade als sie ihn überqueren wollen, ruft sie jemand an.
Fleischermeister: Hallo, Guten Morgen Wachtmeister Zwirbelbart.
Schnapp: Ach, alles verloren, man hat uns entdeckt.
Fleischermeister: Warten sie doch Wachtmeister, ich bin es der Fleischermeister.
Räuberhauptmann: Was gibt’s denn, ich bin im Dienst und muß diese Gefangenen abführen.
Fleischermeister: Oh, haben sie endlich einen Teil der gefährlichen Räuberbande gefangen.
Räuberhauptmann: Ja, ja, bedauerlicher Weise ist mir der Räuberhauptmann entwischt.
Fleischermeister: Ich gratuliere trotzdem. Das trifft sich gut, heute ist doch das große Kinderheim-Eröffnungsfest, da habe ich 3 Säcke mit Knackwürste spendiert, die könnten die Gauner hinbringen. Dann lernen diese Halunken gleich einmal, wie ehrliche Arbeit schmeckt. Also kommen sie, kommen sie in meine Fleischerei.
Räuberhauptmann: Sehr gern Herr Fleischermeister.
Fleischermeister: Hier sind die Säcke. Einen für dich du Spitzbube und einen für dich du Schurke. Doch dann bleibt noch immer einer übrig. Das beste wird sein, sie nehmen den freundlicherweise, Herr Wachtmeister.
Räuberhauptmann: Mmh, ich will mal nicht so sein, obwohl es eigentlich unter meiner Amtswürde ist.
Fleischermeister: Vielen Dank, einen schönen Gruß und guten Appetit wünsche ich.
Räuberhauptmann: Danke auch, wird alles bestens ausgerichtet. Keine Müdigkeit Gefangene, die Wurstsäcke geschultert und Abmarsch.

Musik

Schnipp: Diese Knackwürste kommen uns gerade Recht. Verschwinden wir schnell um die nächste Ecke. Mir läuft bereits das Wasser im Munde zusammen.
Schnipp: Ich könnte auch sofort einen ganzen Sack leer putzen.
Räuberhauptmann: Schön wär es ja, aber es geht leider nicht, der Fleischermeister und die ganze Stadt schaut uns zu. Es hilft alles nichts, wir müssen die Säcke im Kinderheim abliefern. Das sind ja nur noch ein paar Schritte.
Schnapp: So ein Mist. Jetzt haben wir endlich mal eine Beute im Sack und schauen wieder in die leere Ofenröhre.
Kinder: Hurra, die Knackwürste sind da. Hey.
Kindergärtnerin: Herzlich Willkommen im neuen Kinderheim, Herr Wachtmeister.
Räuberhauptmann: He, sehr erfreut.
Kindergärtnerin: Die Kinder freuen sich schon riesig, wir werden die Würste gleich unter sie verteilen.
Kinder: Ich will eine haben.
Kindergärtnerin: Immer der Reihe nach, jeder bekommt seinen Teil und für ihre gute Tat gekommen sie selbstverständlich auch eine Wurst, Herr Wachtmeister und ihre Gefangenen ebenfalls.
Wachtmeister: Nein, nein, nein, die drei dürfen nichts abbekommen. Das sind Betrüger und Räuber.
Schnapp: Verflixt, der Wachtmeister ist frei.
Kindergärtnerin: Nanu, wer kommt denn dort in Unterhosen angerannt?
Wachtmeister: Erkennen sie mich denn nicht mehr, Ihren Wachtmeister Zwirbelbart?
Kindergärtnerin: Herrje, jetzt seh ich schon doppelt, der Wachtmeister steht doch hier.
Wachtmeister: Falsch, falsch, ich bin der richtige.
Räuberhauptmann: Äh, Unsinn, ich war zuerst da und habe die Uniform an.
Wachtmeister: Aber ich trage den echten Zwirbelbart.
Kindergärtnerin: Wahrhaftig, ich glaube.
Räuberhauptmann: Schnell, nichts wie weg. Sie haben uns durchschaut.
Wachtmeister: He, he, halt, haltet sie, haltet sie doch auf. Fangt sie. Laßt sie nicht entweichen. Das ist der Räuberhauptmann und seine Spießgesellen.
Erzähler: Der Räuberhauptmann noch immer in Uniform vorne weg. Und Schnipp und Schnapp hinterdrein fliehen die drei aus der Stadt in den Wald hinein. Bis dem in Unterhosen nachlaufenden Wachtmeister endlich die Puste ausgeht und sie jappsend entkommen.
Schnapp: Aha, wir sind diesem Wachtmeister nochmal entwischt.
Räuberhauptmann: Für die schöne Wachtmeister-Uniform mit den blitzenden Goldknöpfen bekommen wir sicher einen Gänsebraten.
Schnipp: Mit Klößchen.
Schnapp: Und Rotkohl. Viva für unseren Räuberhauptmann.
Räuberhauptmann: Ja, blast nicht länger Trübsal und singt lieber unser Räuberlied.